Die erste Schlaufe ist geschlossen
Wir sind zurück am Startort, im Hostel Maleku in Alajuela. Damit ist nicht unsere Reise, aber unsere Velotour zu Ende. (Ohne eine einzige Panne!) Dies beeinträchtigt unsere Stimmung schon etwas. Wir sind eher melancholisch.
Eigentlich wollten wir von Esparza nur die 42 km bis zum Bergdorf Atenas fahren, welches gute 600m höher liegt. Wir haben diesen Weg auch gewählt, weil wir die Panamericana verlassen wollten, die es in diesem Abschnitt nicht zu befahren lohnt. Unsere Karte offenbarte uns aber nicht, mit welcher Topografie wir es zu tun bekommen würden. Wir hatten ein wenig Schiss vor der Strecke, hofften aber das Beste. In San Mateo, nach der Hälfte der Strecke, stellen wir fest, dass wir noch keinen Meter gewonnen haben. Dennoch brauchten wir dafür 75 Minuten. Wie das?
Anfänglich ist die Steigung relativ angenehm. Dann kommt die erste Schlucht, wo die Strasse soviel Höhe wie möglich verliert. Der Fallinie entlang bergab, überhängend wieder hinauf. Eine Strasse, steiler als eine Parkhaus-Spirale! Einen Motorradfahrer, der uns überholt, sehen wir in der nächsten Kurve stürzen. (Zum Glück bleibt er unverletzt.) Die Schluchtenpassagen wiederholen sich einige Male, was uns psychisch und physisch foltert. Uns schwant Schlimmes für die folgenden 20 km. In San Mateo erkundigen wir uns bei einem Polizisten über den weiteren Streckenverlauf. Seine Reaktion macht uns auch nicht mehr Mut. Aber immerhin: Ab jetzt geht es nicht mehr bergab, sondern stetig bergauf. Abschnittsweise bedeutet auch der kleinste Gang: Würgen. Nach einiger Zeit sind wir tatsächlich an der 800m-Marke! Am Strassenrand wollen wir gerade eine Rast machen und uns freuen, als ein Pickup-Truck die Strasse herauf kurvt. Gerold hält spontan den Daumen raus. Zu unserer Verblüffung hält das Auto doch tatsächlich an! Und nimmt uns als Ladung mit. Auf der Pritsche, eingeklemmt zwischen den Rädern, beobachten wir, was uns an restlicher Fahrt entgeht: Mehrere Kilometer Bergstrecke bis auf einen Pass. Weit unten erst, jenseits des Passes, liegt dann das Dorf Atenas.
Atenas ist ein besonderer Ort. Man liest, hier herrsche das beste Klima der Welt, ein immerwährender Frühling. Das Städchen ist richtig authentisch und hat kein touristisches Angebot. Trotzdem versuchen wir, hier eine Unterkunft zu finden. Ergebnislos. Für ein Bed & Breakfast wollen wir nicht nochmal 3 Höger bezwingen. Bei einem Gespräch mit einem Amerikaner, der seit seiner Pensionierung vom vergangenen Juli hier lebt, erfahren wir, dass auch die letzten 30 Kilometer nach Alajuela etwa gleich wie bisher verlaufen. Wir suchen und finden den Busbahnhof, schieben die Velos unten ins Gepäckfach und lassen das Stück, das wir eigentlich morgen befahren wollten, an der Scheibe vorbeiziehen.
Auch ohne diesen letzten Pass sind wir heute 1200-1500m bergauf gefahren. Wie die Strassen in Costa Rica geführt sind, ist einfach ein Graus. Man könnte sich hier wirklich das Velofahren abgewöhnen! Wie die oben beschriebene momentane Stimmung belegt, ist dies nicht geschehen. Wir sind sicher, dass uns in den folgenden Tagen die Velos fehlen werden, denn es ist halt schon so, die Art und Weise, wie man die bereiste Realität wahrnimmt, ist einzigartig. Zu Fuss ist man zu langsam, mit dem Motorfahrzeug zu schnell, mit Velo gerade richtig. Trotz den negativen Begleiterscheinungen (Hitze, Verkehr, Topografie, Wind) war unsere Vuelta ein voller Erfolg!
Morgen geht es in eine ganz andere Richtung weiter.