Sonntagsausflug an den Chlibistrand
Wenn wir lesen, von welcher Kältewelle Europa gerade heimgesucht wird, verbietet es sich uns, über die costa-ricanische Hitze zu schreiben. Nur so viel: Der Temperatur-Unterschied zwischen den Extremen beträgt nahezu 70 Grad.
Um 4 Uhr morgens schellt der Wecker. Eine halbe Stunde später sitzen wir im Bus, der uns zurück nach Juntasbringt. Als wir beim Haus vom Roten Kreuz ankommen, stutzen wir zuerst, als der Platz, wo wir die Velos und das Gepäck zurückgelassen haben, leer ist. Wir wecken den Nachtschicht-Angestellten und hören, von untergestellten Velos wisse er nichts. Bevor wir vor Schreck die Fassung verlieren, trifft bereits die Ablösung ein, die Bescheid weiss. Sie führt uns in einen abgeschlossenen Hinterraum, wo die Velos mit einer Plane zugedeckt sicher verwahrt sind. Nun fahren wir gemütlich runter zur Panamericana, wo es nach Südosten weitergeht. Den Blick richten wir immer wieder auf Verpflegungsstätten, ein offenes Soda finden wir erst nach 15 Kilometern, wo wir dann ausgiebig frühstücken. Uns kommt entgegen, dass kein Wind herrscht und nur vorläufig moderate Steigungen zu bewältigen sind. Das Ziel erreichen wir um 11, es ist Esparza. Nach Puntarenassind wir nicht wie früher geplant abgebogen. Das hat damit zu tun, dass wir auf die Halbinsel Nicoya verzichten, weil wir zu wenig Zeit und andere Pläne haben. Ausserdem haben wir keine Lust auf hochsaisonal überfüllte Beachresorts.
Puntarenas wollen wir doch nicht total streichen und fahren am Nachmittag mit dem Bus hin. Es ist eine in den Golf von Nicoya hinausragende, zwischen 40 und 500 Meter breite und etwas mehr als 5 Kilometer lange Landzunge. P war früher der Hochseehafen von Costa Rica. Heute legen hier vor allem noch Kreuzfahrtschiffe an und die Fähren, die nach Nicoya übersetzen. Als Hochseehafen hat Quepos P längst den Rang abgelaufen. Das erkennt man auch an den vielen heruntergekommenen und sogar verlassenen Industrie- und Gewerbebauten. Der Schienenstrang existiert zwar noch, ist aber überwuchert, weil er seit 30 Jahren nicht mehr genutzt wird.
Ursprünglich war P Costa Ricas Kaffeeumschlagplatz. Seit aber 1890 die Eisenbahn vom Valle Central zum Atlantik fertiggestellt wurde, begann der Ruhm der Stadt und des Hafens rasch zu verblassen. Heute ist von der „Perle des Pazifiks“ kaum mehr etwas übriggeblieben. Umso verblüffender, dass halb Costa Rica am Wochenende hierher an den Strand kommt. Zehntausende bewegen sich heute über die Promenade und den Strand und treten einander buchstäblich auf die Füsse. Die Ess- und Trinkstände sowie die Restaurants sind frequentiert beziehungsweise bumsvoll. Die Mengen, die hier verspiesen werden, erklären auch, warum ein Grossteil der Costa-Ricaner – Frauen, Männer und Kinder – auffällig übergewichtig sind. Aber es ist trotzdem ein Vergnügen, zu sehen, wie unbefangen sie sich bewegen. Vor den wenigen Duschen stehen endlose Schlangen, aber kaum jemand scheint sich daran zu stören, dass er/sie sandpaniert umher flaniert.
Woher kommen eigentlich all diese Leute? Die in den Seitenstrassen parkierten zahllosen Extrabusse geben die Antwort: Viele reisen vom knapp 100 Kilometer entfernten San José an. Es herrscht zwar ein unbeschreiblicher Lärm, aber die Stimmung ist entspannt. Auffällig ist die hohe Präsenz an PolizistInnen, die aber genauso relaxed wirken. Einige patrouillieren mit den Fahrrädern. Was uns angeht, so sind wir nicht unglücklich, am frühen Abend wieder im ruhigen Quartier von Esparza zurück zu sein, wo wir übernachten.