Los Chiles: Zuerst die Arbeit, dann das Vergnügen

21. Januar 2012

Die Strasse, auf welcher wir ursprünglich Los Chiles erreichen und dabei das Naturschutzgebiet durchqueren wollten, befahren wir heute von der anderen Seite her. Polizisten haben uns gestern erklärt, wo diese Strasse vom Highway abzweigt. Ganz anderswo, als auf der Karte eingezeichnet! Das Ziel: Mit den Velos zum Lago Negro zu fahren und dort einen örtlichen Guide anzuheuern.  Nachts hat es geregnet, so dass wir schon auf dem Highway mit Schlammpackungen auf Körpern und Rädern unterwegs sind. Costa-Ricanische Wellness. Der Schlamm stammt von den Rädern der Zuckerrohr-Trucks, die hier beladen werden. Nach diesem Vorgeschmack biegen wir auf die Naturstrasse ab.  Deren Beschaffenheit ist kurz so zu beschreiben: Bollensteine, zusammengehalten mit Dreck. (Oder: aneinander gereihte Motorradhelme.) Kies wurde offensichtlich nicht ins Trassee eingebaut. Wassergefüllte Schlaglöcher bieten eine unwilkommene Abwechslung zu den ständigen Erhebungen. Es rumpelt und spritzt. Aber das ist nur der Vorname! (…) Wir schauen, wie weit wir kommen, zumindest den Geocache wollen wir holen (bis dorthin sind es etwa 13 Kilometer). Den Cache finden wir erst mithilfe von Wilbert, der mitten im Sumpfgebiet eine Finca besitzt. Wilbert verbindet uns per Handy mit seinem inzwischen in San José wohnenden Sohn, der den Cache ausgeheckt hat. Wir informieren ihn über den Zustand seiner Cache-Box (nass), bedanken uns recht herzlich beim Vater und entschliessen uns umzukehren, da bis Caño Negro weitere 10 Kilometer zu bewältigen wären. Auf dem Rückweg scheinen die Buckel noch ausgeprägter zu sein. Als wir, beim Hotel angekommen, unsere Dreckräder präsentieren, installiert uns ein Bauarbeiter einen Wasserschlauch. Die rote Erde haftet wie Kleister. Darauf wächst hier Zuckerrohr!

Rumpel, rumpel.
Rumpel, rumpel.

Am Nachmittag folgt das sanfte Gleiten. Wir erkundigen uns nach Bootsausflügen. Auf den grossen Touri-Booten kostet die Flussfahrt 40 Franken die Stunde pro Person. Der Klientel: Expeditionshut- und Khakihosen tragende, Spiegelreflex-Kamera-schwingende Greisinnen und Greise. (Entschuldigt unsere political incorrectness, aber was wir sehen, ist einfach grotesk.) Der Tourenanbieter neben unserem Hotel macht uns ein besseres  Angebot: drei Stunden Privatausfahrt für 60 Dollar für uns beide. Mit einem ganz originellen Manndli als Kapitän schweben wir schliesslich durch die Flusswindungen. Um uns die einzelnen Vögel, Reptilien und Affen zu zeigen, lässt er das Boot jeweils sanft ans rechte oder linke Ufer gleiten. (Das Boot macht fast keinen Lärm.) Wir sehen zwar nicht so viele Tiere  wie erhofft, doch die grossartige Flora macht dies mehr als wett. Der Kapitän tut viel, um uns auch Kaimane zu zeigen. Aus diesem Grund biegt er nach einiger Zeit sogar in einen Nebenarm ein, wo wir auch tatsächlich ein Tier ins Wasser gleiten hören, aber leider nicht sehen können.  Dafür öffnet sich der Fluss plötzlich zu einem See voller grüner Teppiche. Die Wassertiefe ist so gering, dass die Schraube Bodenberührung hat.

Dieser Baum findet sich auch auf dem Guatemaltekischen Wappen.
Dieser Baum findet sich auch auf dem Guatemaltekischen Wappen.

Nach zwei Stunden kehren wir um. Aus der tief hängenden Bewölkung beginnt es plötzlich leicht zu regnen. Kurz darauf öffnen sich die Schleusen und ein Äquatorialregen geht nieder. Wir sind alle drei sofort klatschnass. Um die Rückfahrt zu verkürzen, gibt der Bootsführer Gas. Trotzdem werden wir von einem Ausflugsboot überholt. Weil er nicht in dessen Kielwasser fahren darf, überholt er seinerseits, und zwar nun  mit Höchstgeschwindigkeit. In einem Affenzahn legt er den letzten Streckenteil zurück. Nun sehen wir, wie eng die Windungen des Rio Frío wirklich sind! Diesem sanften, wettergegerbten Mann hätten wir solches Fahren nie zugetraut. Eine Entschädigung für die entgangene Kaiman-Begegnung? Alle drei entsteigen wir, wie aus dem Wasser gezogen, dem Boot. Wir werden, tropfnass, wie wir sind, selber Anlass zu Gelächter.

PS: Unser rasende Kapitän stammt eigentlich aus San José. Er sei hierher umgesiedelt wegen der dortigen Kriminalität. Wegen irgendeiner Kleinigkeit werde man gleich abgeknallt. Sogar wegen einem Velo. Leer Schlucken und Seitenblicke unsererseits.